Das Tabu - in indigenen Traditionen
Das Tabu wird im europäischen Kontext meist als gesellschaftliches Verbot verstanden – etwas, das nicht gesagt, getan oder gedacht werden darf. In indigenen Traditionen sind Tabus keine Verbote, sondern spirituelle Wegweiser: persönliche Gebote, die dazu dienen, im Einklang mit sich selbst zu leben. Entdecke, wie du durch das bewusste Erkennen und Respektieren deiner persönlichen Tabus eine gesunde Beziehung zu dir selbst aufbaust und dich in einer Welt, in der alles sein darf, entfalten kannst.
Was ist ein Tabu?
Die europäische Vorstellung von Tabu entspricht nicht dem Verständnis von Tabu in indigenen Traditionen. In vielen indigenen Kulturen ist Tabu ein grundlegendes Konzept, mit dem die Lebensweise auf persönlicher, familiärer, gesellschaftlicher und kultureller Ebene gestaltet wird.
In diesem Beitrag betrachte ich Tabu auf der persönlichen Ebene.
Viele Menschen leben in der Illusion, dass Freiheit bedeute: Alles darf sein und beschreiben Tabus als Verbote, die Menschen daran hindern, zu sein und zu handeln, wie sie wollen. Und es wird gesagt: Es kann nicht sein, dass etwas Tabu sein darf.
Auf persönlicher Ebene fungieren Tabus in indigenen Kulturen als Kodex oder Gebote: Sie dienen als Kompass für die individuelle Lebensführung und Verhaltensweisen jeder einzelnen Person.
Tabus sind Gebote mit spiritueller Bedeutung
Nach Auffassung der indigenen Tradition der Nago sind Tabus keine Verbote, sondern Gebote mit spiritueller Bedeutung. Die Ermittlung der persönlichen Tabus ist ein wesentlicher Teil der Selbsterkenntnis bei den Nago. Diese müssen beachtet werden, wenn man in der Beziehung zu sich selbst im Einklang sein oder bleiben will.
Wer seine persönlichen Tabus weder kennt noch beachtet,
riskiert, sich auf seinem Lebensweg zu schaden.
Selbstäußerungen, persönliche Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu identifizieren, die sich schädlich und störend auf das eigene Leben auswirken können, mit Tabu zu belegen sowie bewusst zu vermeiden und nicht zu zulassen, ist unerlässlich, um in Einklang mit sich selbst zu leben.
Erkenne deine persönlichen Tabus
Die Selbsterkundung der persönlichen Tabus ist ein Prozess der Selbstbeobachtung. Deine eigenen Tabus kannst du erkennen, wenn du dir die Zeit nimmst, dich selbst und dein Leben zu beobachten. Dabei gilt es im Hinblick auf deine Ernährung, Gedanken, Äußerungen, Verhaltensweisen, dein Handeln und dein Selbstbild – alles zu identifizieren, wodurch du dich selbst schwächst oder verletzt.
Darf alles im Leben sein?
Ich erlebe, dass Menschen ihre persönlichen Tabus nicht kennen und der Illusion folgen: Alles darf sein, anstatt zu fragen: Was tut mir gut und was schadet mir? Was ist stimmig für mich und was ist nicht stimmig für mich? Im Leben darf alles sein. Man muss jedoch begreifen, dass im Leben jeder einzelnen Person bestimmte Dinge nicht sein dürfen, weil sie der Person schaden und die Selbstentfaltung stören.
Lerne das zu erkennen, was du in einer Welt darfst,
in der alles erlaubt ist.
Die Unkenntnis der eigenen Tabus oder die Verletzung der eigenen Tabus führt dazu, dass viele Menschen ihre Grenze verlieren und sich verstricken lassen in Verhaltensweisen und Handlungen, die dem eigenen Wohlergehen schaden. Wer seine Tabus nicht kennt oder keine Rücksicht auf sie nimmt, läuft Gefahr, sich selbst und die Harmonie in der Beziehung zu sich selbst zu verletzen und zu zerstören.
In vielen indigenen Traditionen wissen die Menschen, wie notwendig Tabus sind. Durch die Tabulehre lernt jeder Mensch zu erkennen, was ihm gut tut bzw. stimmig für ihn ist und was er vermeiden soll, um eine gesunde Beziehung zu sich selbst aufbauen und sich gut zu entfalten in einer Welt, in der alles erlaubt ist.
Die Kunst, persönliche Tabus zu leben, besteht darin, die eigenen Gebote und Grenzen immer zu respektieren und gleichzeitig mit der Gemeinschaft verbunden zu bleiben. Wir dürfen uns nicht im Namen von unseren persönlichen Tabus von der Gemeinschaft abgrenzen.
Bei Tabus geht es nicht um richtig oder falsch, sondern darum, was für mich stimmig oder unstimmig ist.